Ist Brot ein Dickmacher?
Glaubt man Mike Krüger, so handelt es sich bei Kalorien um „kleine Tiere, die nachts die Kleidung enger nähen“. Stellt sich also die Frage, wie viele solcher kleiner Tierchen in Brot eingebacken sind. Als Alternativkonzept lohnt sich dennoch ein Blick in Richtung Thermodynamik und Physik, um unseren Energiehaushalt und Brot als Energieträger genauer zu beleuchten.
Macht Brot wirklich dick?
Kurz vorweg, LEBENsmittel, die wir konsumieren, lassen sich nicht auf Kalorien reduzieren, es steckt schon mehr darin. Und auch, ob sie sich auf unsere Hüften schlagen oder nicht, ist keine einfache Gleichung.
Aber, um eruieren zu können, ob Brot nun dick macht oder nicht, nehmen wir einmal für einen Moment an, dass die Gleichung so lautet: bestimmtes Lebensmittel = bestimmter Energieeintrag = bestimmte Auswirkung auf unsere Figur.

Kalorien als Energielieferant(en)
Energie wird in der Physik als „Fähigkeit, Arbeit zu verrichten“ definiert. Man kann sie nicht sehen, angreifen oder abwiegen, sondern lediglich ihren Effekt erkennen und messen. Physiker wissen zudem: Energieformen sind ineinander umwandelbar. Das ist zu unserem Vorteil, denn die chemische Energie, welche Pflanzen mithilfe der Photosynthese generieren, können wir Menschen in Form der Nährstoffe Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße aufnehmen. (Oft schicken wir die Energie aus der Pflanze noch kurz durch ein tierisches Lebewesen, um sie dann als Fleisch/-produkte oder Milch/-produkte auf unserem Teller zu verzehren.) Fakt ist, diese drei sogenannten Makronährstoffe sind die Energieträger in unserer Nahrung – gewonnen aus Pflanzen.
Man kann den Energiegehalt der drei Nährstoffe in Lebensmitteln klar messen und definieren. So haben Kohlenhydrate und Eiweiße (= Proteine) pro Gramm einen Brennwert von 4,1 (kcal) und Fette einen Brennwert von 9,3 (kcal pro Gramm). Alkohol hat im Übrigen einen nicht zu verachtenden Brennwert von 7,1 (kcal pro Gramm).
Brot als Energielieferant – welches Brot macht dick?
Von diesen drei Energielieferanten – Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße – finden sich im Brot in erster Linie Kohlenhydrate.
Diese können einerseits leicht verdaulich und schnell ins Blut überführbar sein – wie es bei Backwaren aus fein vermahlenem Weißmehl der Fall ist. Man ist durch den raschen Anstieg der Blutglukosekonzentration und heftigerer Insulinausschüttung schneller wieder hungrig und isst in Summe über den Tag gesehen wahrscheinlich mehr.
Im Verbund mit Ballaststoffen (z.B. Vollkornbrot) werden die komplexeren Kohlenhydrate langsamer verdaut und der Zucker (die Glukose) wird langsamer freigesetzt. Die „Belastung“ (glykämische Last) für das System ist also bei Vollkornbroten geringer als bei Weißmehlprodukten, wobei ein Brot natürlich wiederum als „gesünder“ zu bewerten ist als ein Plundergebäck, Kuchen oder sonstige süße Backwaren, denen zusätzlich noch Zucker beigesetzt wurde.
Was die Gesundheit betrifft, so bedeutet eine hohe glykämische Last ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Plus, hohe Insulinmengen bremsen zudem die Fettverbrennung.
Enthält das Brot auch Eiweiße, so haben diese prinzipiell denselben Kalorienwert wie Kohlenhydrate (4,1 kcal/g), jedoch ergibt sich der ernährungsphysiologische Wert aus der Art und der Menge der enthaltenen Aminosäuren. Unter den 20 Aminosäuren, den Bausteinen der Proteine, gibt es nämlich neun essentielle, die mit der Nahrung aufgenommen werden müssen, weil sie der Körper nicht eigenständig „bauen“ kann.

Energiereiche Fette spielen in Broten eine untergeordnete Rolle, so also die gute Nachricht für alle, die Brot bisher als Dickmacher verstanden haben.
Ausschlaggebend ist jedenfalls nicht nur das Brot an sich, sondern vor allem auch der Belag, denn darin verstecken sich gerne mal „größere Kalorientierchen“ (Butter, Wurst, Käse und Co).
Fazit – macht Brot dick?
Das Gesetz der Isodynamie nach Max Rubner, welches in der Quintessenz besagt, dass es egal ist, ob wir Schokolade oder Nüsse, Vollkornbrot oder Plundergebäck, Fisch oder Fleisch essen, so lange wir den Energiebedarf nicht über das Maß hinaus decken – ist überholt und widerlegt. Ebenso das strikte Kalorienzählen. LEBENsmittel haben weit mehr zu bieten als nur verpackte Kalorien.
So ist abschließend festzuhalten, dass Brot kein Dickmacker ist, genauso wenig wie Joghurt oder Fleisch. Jedoch sind aus Sicht der Gesundheitsförderung und mit Blick auf die schlanke Linie, Weißbrot und süßes Gebäck als Genussmittel hinten anzureihen – besser in Maßen statt in Massen – und Vollkornbrot – als Lieferant komplexer Kohlenhydrate und Ballaststoffe – klar zu bevorzugen. Ballaststoffreiche Kost liefert uns eine hohe Nährstoffdichte, aber dennoch eine niedrige Energiedichte, daher könnte ein ballaststoffreiches Brot sogar dabei unterstützen ein paar Kilo abzunehmen.
Auf den Punkt gebracht: die Veränderung des Blutzuckers hängt mit der Menge von Kohlenhydraten aber auch der Qualität (fein vermahlenes Weißmehl vs. grob vermahlenes Vollkorn) sowie der Zusammensetzung der ganzen Mahlzeit zusammen. Dies gilt für Backwaren aus Weizen genauso wie für die aus Dinkel und anderen Getreiden. Proteinreiche Brote und Brote mit Nüssen und Saaten liefern uns zudem wertvolle und essenzielle Nährstoffe mit hoher biologischer Wertigkeit.
Und vielleicht als kleiner Trost für alle, die in letzter Zeit öfter mal über die Strenge geschlagen haben: der Physiker Martin Apolin schreibt in dem Buch „Mach das! Die ultimative Physik des Abnehmens“, dass ein dicker Bauch eigentlich am Ende nichts anderes als transformierte Sonnenenergie ist!
GASTBEITRAG
Dr. Martina Überall
Doktorat der medizinischen Gesundheitswissenschaften
Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Tirol,
Fachbereich Ernährung und Gesundheit
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